Genie! Freiheit! Leidenschaft! – Eine Dokumentation zum Sturm und Drang (2010)

Erstausstrahlung: 02.01.2010, 3sat
60 min.

Es war eine kurze Epoche, die im Vorfeld der Französischen Revolution in Gesellschaft und Literatur alles aus den Angeln hob: der Sturm und Drang. In dieser Zeit erschienen unter anderem Johann Wolfgang Goethes „Die Leiden des jungen Werther“, sein „Götz von Berlichingen“ sowie Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“. Dabei ist Sturm und Drang weit mehr als eine literarische Epoche: Er ist der Vorläufer nahezu aller heutigen Jugendbewegungen. Er ist der offen zur Schau gestellte Bruch mit Konventionen und dem Establishment. Er formuliert die Sehnsucht nach anderen Gesellschafts- und Herrschaftsformen, nach Demokratie und Freiheit, die alle teilen – von der weltweiten Hippie-Bewegung in den 1960er Jahren über die amerikanische Beat-Generation um Jack Kerouac über Visionen der Grünen bis hin zu heutigen apolitischen Internet-Communities. Immer scheinen Gefühle versus Vernunft und Verstand Identifikation zu stiften.

Die Dokumentation von Dag Freyer zeigt Gemeinsamkeiten dieser Bewegungen auf, stellt Fragen nach dem konkreten Gehalt der Utopien wie nach ihrem Scheitern – bis hin zum Umschlag in Gewalt und Anarchie. Rückblickend rollt der Film auch die Geschichte der Protagonisten des Sturm und Drang auf und erzählt sie – auf heute übertragen – szenisch nach. Ein fiktives Interview mit dem gealterten Goethe über seine Jugendsünden und seine spätere Abwendung vom Sturm und Drang steht im Zentrum des Films. Letzten Endes geht es um die Frage, warum alle, historische wie aktuelle Aufbrüche, zwar wesentliche Neuerungen bringen, in ihrer Radikalität aber meist zum Scheitern verurteilt bleiben. (Text: 3sat)

Regie: Dag Freyer
Schnitt: Philip Kießling
Produktion: Kopfkino GmbH